Die alten Australier kamen vor 60.000 Jahren über zwei unterschiedliche Migrationsrouten an

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Neue genomische Untersuchungen bestätigen, dass die ersten Menschen vor etwa 60.000 Jahren Australien und die umliegenden Landmassen erreichten, und zwar nicht durch eine einzige Migration, sondern über zwei verschiedene Routen. Diese Entdeckung löst eine langjährige Debatte unter Archäologen über den Zeitpunkt und die Wege der frühen menschlichen Besiedlung der Region.

Die umstrittene Geschichte der australischen Besiedlung

Die Frage, wann Australien zum ersten Mal von Menschen besiedelt wurde, wird seit Jahrzehnten diskutiert. Frühere genetische Studien deuteten auf Ankunftsdaten zwischen 45.000 und 65.000 Jahren hin. Die neuen Erkenntnisse, die auf der Analyse von fast 2.500 mitochondrialen DNA-Proben indigener Bevölkerungsgruppen in Australien, Neuguinea, Ozeanien und Südostasien basieren, verstärken die Beweise für ein früheres Siedlungsdatum und offenbaren gleichzeitig die Komplexität der Migrationen.

Sahul: Der antike Superkontinent

Um die Migrationen zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, dass Australien, Tasmanien und Neuguinea im Pleistozän einst als eine einzige Landmasse namens Sahul verbunden waren. Dieser Superkontinent wurde vor etwa 9.000 Jahren durch den Anstieg des Meeresspiegels vom asiatischen Festland getrennt. Die neue Forschung verdeutlicht, wie sich Menschen schon früher, zu einer Zeit, als der Meeresspiegel niedriger war, durch diese Landschaft bewegten.

Zwei Migrationspfade: Norden und Süden

Die vom Archäogenetiker Martin Richards geleitete Studie untersuchte neben archäologischen und klimatischen Daten auch genetische Zusammenhänge zwischen modernen und antiken Populationen. Die Ergebnisse weisen auf zwei unterschiedliche Routen von der alten Landmasse Sunda (heutiges Südostasien) nach Sahul hin.

  • Die Südroute: Migranten reisten durch Malaysia, Java und Timor und landeten in Sahul westlich von Darwin. Ungefähr 64 % der Abstammungslinien der ersten Welle stammen von diesen frühen Pionieren ab.
  • Die Nordroute: Eine separate Gruppe zog entlang der Inselkette von den Philippinen und Sulawesi nach Papua-Neuguinea und erreichte schließlich Sahul über Nord-Queensland. Ungefähr 36 % der Abstammungslinien der ersten Welle sind mit diesem Migrationspfad verbunden.

Genetisches Erbe und weitere Erforschung

Forscher schätzen, dass die nördliche Route zwar erheblich zur genetischen Ausstattung der frühen Sahul-Populationen beitrug, die südliche Route jedoch vorherrschend war, insbesondere in Australien, wo zwei Drittel der Abstammungslinien von dieser Route abstammen. Einige der ersten nördlichen Migranten reisten kurz nach ihrer Landung in Sahul auch weiter zum Bismarck-Archipel und zu den Salomonen.

Die Forschung zeigt auch eine kritische Lücke im aktuellen Wissen auf: einen Mangel an alter DNA aus Südasien und Sahul. Diese fehlenden Daten könnten eine genauere Zeitleiste dieser genetischen Ereignisse liefern und unser Verständnis der frühesten menschlichen Migrationen in der Region vertiefen.

Zusammenfassend liefert diese Studie starke genomische Beweise für eine komplexere und frühere Geschichte der australischen Besiedlung als bisher angenommen. Die dualen Migrationsrouten stellen frühere Annahmen in Frage und unterstreichen die bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit der frühen Menschen bei der Überwindung großer Entfernungen und der Besiedlung neuer Länder.